Das Altstadtbild von Yazd, eine der ältesten Städte auf der Erde, ist geprägt durch Windtürme. Windtürme sind eine natürliche Klimaanlage, die selbst leichte Brisen einfangen und in die darunterliegenden Räume weiterleiten. Es gibt sie in den Varianten Wind aus einer, zwei oder vier Richtungen einzufangen. Da Yazd zwischen den Wüsten Dasht-e Kavir und Dasht-e Lut liegt, ist Abkühlung im Sommer dringend notwendig. Unterirdisch finden sich die sogenannten Qanate, ein Bewässerungssystem, daß durch die Häuser verläuft. Dort befinden sich die Räume, in denen man sich im Sommer aufhält. Das Wasser und die Lage unter der Erde sorgen selbst bei Außentemperaturen von über 40 Grad im Schatten für angenehme 20-25 Grad in den Räumen. Fasziniert sind wir von den Dachgärten, von denen einige in Restaurants umgewandelt wurden und abends dort zu sitzen und den Blick über die beleuchtete Lehmstadt zu genießen ist ein besonderes Erlebnis. Das Wahrzeichen von Yazd ist das Eingangsportal der Freitagsmoschee am Rande der Altstadt mit ihrem Eingangsportal, das von zwei 48 Meter hohen Minaretten flankiert ist.
Ateshkadeh (Feuertempel) und die Türme des Schweigens sind zwei bedeutende Denkmäler der Zarathurstrier. Das Feuer in Ateshkadeh soll seit 450 A.D. brennen. Die Türme des Schweigens, sind auf zwei Erhebungen außerhalb von Yazd errichtet, auf denen bis in die 1960er Jahre die Zarathustrier ihre Toten bestattet haben. Bestattet heißt in diesem Falle, die Leichename wurden abgelegt und der natürlichen Verwesung überlassen.
Muharram und Aschura
In Bayazeh wurden wir von den Feierlichkeiten zu Muharram und Aschura überrascht. Muharram ist der erste Monat nach dem islamischen Kalender und einer von vier heiligen Monat. Aschura ist der 10. Tag in Muharram und der heiligste Tag. So einfach ist das erstmal. An Aschura wurde Imam Hussein, für die Schiiten der Nachfolger des Propheten Mohamed, in der Schlacht bei Kerbela inklusiver aller seiner männlichen Nachkommen getötet. Die Schiiten gedenken des Todes Husseins mit Bußritualen, Trauerfeiern und der Nachstellung von Szenen aus der Schlacht von Kerbela. Bei den Sunniten ist Aschura ein freiwilliger Fastentag. Im Iran sind alle Gläubigen während der 10 Tage fast komplett in schwarz gehüllt, die Frauen tragen schwarze Chadore, die Männer tragen schwarze Hemden und Hosen, nur Jacken sind manchmal andersfarbig. Die Zeremonien beinhalten verschiedene gesungene Erzählungen, Prozessionen und Selbstgeißelungen. Unter Selbstgeißelung darf man sich aber nicht die Geißelung in unserem Sinne vorstellen, denn die Ketten haben keine Dornen und selbst Kinder machen dabei mit. Es handelt sich um eine symbolische Selbstgeißelung.
Eine besondere Ausprägung bei den Zeremonien in der Provinz Yazd ist das Tragen ein sogenannten Naql (Palme), ein Holzgestell verhangen mit schwarzen Tüchern mit Symbolen, von teilweise immenser Größe, daß von vielen Männern gemeinsam durch die Gassen getragen wird. Während der ersten 10 Tage des Monats gibt es für alle Menschen umsonst Essen. Frühstück, Mittagessen und Abendessen. Die Mahlzeiten werden über Spenden finanziert und durch tatkräftige HelferInnen zubereitet. Am Tag vor Aschura und an Aschura selbst hat in Yazd kein Restaurant geöffnet.
Teilnahme für Nicht-Muslime
Die größte Überraschung für uns gab es in Bayazeh, wo wir wie selbstverständlich als Zuschauer mit zu den Zeremonien gehen konnten. Norbert konnte während der Prozession mit Fotoapparat durch die Gläubigen laufen, während ich von den Frauen des Dorfes mit Tee und kleinen Leckerlis verwöhnt wurde.
Yazd überzeugte während der Feiertage durch perfekte Organisation und das Programm für Touristen. Es gab einen Plan für jeden Tag und die Teilnehmer wurden in verschiedenen Sprachen von Geistlichen betreut. Die Perfektion hat natürlich auch einen Nachteil, man ist weiter weg vom Geschehen. Deswegen haben wir nur an einer Veranstaltung teilgenommen und uns sonst unter die Menge gemischt.
Begleitet und geleitet wurden wir in Yazd von Fatima und Meysam, die wir in Karanaq und am Chak-Chak Tempel trafen und denen wir zufällig in Yazd wieder über den Weg liefen, keine Selbstverständlichkeit, bei den vielen Menschen, die an Aschura unterwegs waren.